Der Gedächtnispalast – was ist das?

Hier erfährst du welche Methode Johannes Mallow zum Gedächtnisweltmeister machte, wie sie funktioniert und wie auch du den Gedächtnispalast auf alle deine Lernprojekte anwenden kannst um dir alles zu merken und nie wieder etwas zu vergessen, im Handumdrehen, mit Spaß und Kreativität.

Stell dich in Gedanken in dein Zimmer, dreh dich einmal langsam im Kreis. Was siehst du? Probier es aus, bevor du weiterliest. Nicht schummeln. Los gehts!

Das alles ist in deinem Kopf. Du hast es dir gemerkt. Das ist dein Gedächtnispalast. Du hast dich nicht einmal darum bemüht es dir zu merken. Du hast es dir einfach so gemerkt! Gegenstände, ihre Farben und Größe, feinste Details. Alles das ist in deinem Gehirn, faszinierend, oder? Man kann sich also sehr viel merken, sogar ohne es aktiv zu wollen. Warum ist das so? Um dich im Alltag zurechtzufinden musst du deine Umgebung gut kennen. Würdest du das nicht können, wären die einfachsten Dinge unmöglich. Den Weg nach Hause zu finden. Im Halbdunkel nicht irgendwo dagegenzulaufen. Kurz: Fehlt dir diese Fähigkeit, wirst du nicht lange überleben können. Ein wichtiger Bereich in deinem Gehirn ist hierbei der visuelle Bereich, der visuelle Cortex. Er ist einer der wesentlichsten Bereiche unseres Gehirns. Denken wir an das obige Beispiel, verwundert uns das auch nicht. Immerhin geht es ums Überleben.

Diese Fähigkeit des Gehirns nützen wir. Der visuelle Bereich merkt sich sehr viel mit sehr wenig Anstrengung. Das wollen wir auch. Das einfachste was wir deshalb tun können ist die Räumlichkeiten und Orte, die wir gut kennen zu nutzen und daraus eine Route zu bauen. Auf der legen wir alles ab, was wir uns merken wollen.

Kuchen-zutaten merken im Gedächtnispalast

Ein Beispiel: Angenommen du willst einen Kuchen backen, die Zutaten dafür wirfst du kurzerhand in dein Wohnzimmer. Auf deiner Couch landen die Eier, schön schmierig, die ganze Couch trieft nur so voller Ei. Der Zucker auf den Tisch, er rieselt an den Seiten hinunter. Die Packung Mehl steht vor dem Fenster, es explodiert und hinterlässt eine Staubwolke. Wenn du dich durch deine Wohnung bewegst, siehst du in Gedanken die Bilder vor deinem geistigen Auge. Schon hast du dir deine ganze Einkaufliste gemerkt.

Aus der Geschichte

Der Gedächtnispalast oder die Routenmethode geht auf den griechischen Dichter Simonides von Keios zurück. Zumindest haben wir von ihm die älteste schriftliche Aufzeichnung. Er wurde 556 vor Christus in Griechenland geboren. Als Simonides auf einem Festessen eines hochstehenden Bürgers ein Gedicht zu dessen Ehren vortrug, stürzte das Dach der Banketthalle ein. Simonides war durch einen Zufall kurz zuvor aus der Halle gegangen. Er war der Einzige, der überlebte. Da die Leichen der Besucher bis zur Unkenntlichkeit entstellt waren, wurde Simonides herangezogen um die Gäste zu identifizieren. Simonides erinnerte sich genau daran an welchen Tischen die Besucher saßen. So konnten die Toten identifiziert werden. Simonides zog daraus den Schluss, dass es vor allem die Ordnung ist, die das Merken möglich macht und gilt seither als „Begründer“ dieser Merkkunst. In den Medien oder der Literatur wird diese Methode entweder Routenmethode oder Gedächtnispalast genannt. Letzteres zum Beispiel in den berühmten Serien „Sherlock Holmes“ mit Benedict Cumberbatch und „The Mentalist“ mit Simon Baker als Patrick Jane.

Podcast release

Bald schon erscheint unser Rethinking Memory Podcast der dir die Technik des Gedächtnispalastes noch näher bringen wird. Verpasse sein Release nicht. Melde dich hier an um immer up to date zu sein!

Der Gedächtnispalast als universelles Merktool: Die Anwendungsbereiche sind endlos

Mit dem Gedächtnispalast können wir uns alles merken was wir wollen. Und das Tolle ist, dass wir in unseren Palast jederzeit zurückkehren können. Wir können uns damit zum Beispiel den Stoff für Biologie merken, Telefonnummern, Passwörter, oder die Adresse des Arztes zu dem ich heute fahren musste, Vokabellisten für Fremdsprachen, die Möglichkeiten sind schier endlos. Alle diese Informationen kann ich in meinem Gedächtnispalast ablegen. Bei einer Prüfung weiß ich darum immer genau wo in meinem Kopf ich hingehen muss um die Informationen zu finden die ich brauche, genial! Das ist eines der hilfreichsten Features des Gedächtnispalastes. Wie oft bist du bei einer Prüfung gesessen und dachtest: „Ach Mist, ich weiß das, aber es fällt mir einfach nicht ein!“ Wenn du lernst mit dem Gedächtnispalast zu lernen dann gehört das der Vergangenheit an. Du kannst ja jederzeit in Gedanken an den Ort gehen wo deine Informationen abgelegt sind und sie wahrhaft vor dem inneren Auge sehen. Alles ist da, in deinem Langzeitspeicher.

Das Experiment – Die Länder der Erde merken nach ihrer Bevölkerungsanzahl

Machen wir ein kleines Experiment: Wir nehmen das Wohnzimmer auf dem Bild unten als Gedächtnispalast.

Unser Startpunkt ist das Bild im goldenen Rahmen, dann der Couchsessel, usw. Dort stellen wir uns mentale Bilder vor. Wir lernen hier die Länder der Welt gestaffelt nach ihrer Einwohnerzahl, startend bei dem bevölkerungsdichtesten Land: China, mit 1394 Millionen Menschen im Jahr 2018. Der Einfachheit halber merken wir uns hier die Bevölkerungszahl noch nicht, das machen wir erst wenn wir die Zahlensymbole kennengelernt haben. Hier sind die Länder:

China, Indien, USA, Indonesien, Brasilien, Pakistan, Nigeria…

Und das hier unten ist unser Gedächtnispalast. Du siehst also, ein „Gedächtnispalast“ ist im Wesentlichen nur eine Wohnung, oder ein Weg im Freien mit verschiedenen Örtlichkeiten an denen man sich etwas merkt indem man es sich bildlich vorstellt.

Beispiel eines Gedächtnispalastes. Wir stellen uns den Raum im Kopf vor.

Um uns das erste Land, China zu merken stellen wir uns einen Chinesen vor wie er von innen an das Glas des Bildes klopft, irgendwie scheint er dort eingesperrt zu sein. Danach kommt Indien. Wir stellen uns auf dem Couchsessel einen Inder mit Turban vor, der den Sessel in Stücke fetzt. Warum wissen wir nicht, das ist auch nicht wichtig. Wichtig ist, dass wir uns das Bild total einprägsam vorstellen, (denke an die Prinzipien der vorigen Lektion). Und ein Inder der den Couchsessel zerfetzt, der ist einprägsam. Als nächstes folgt die USA. Wir stellen uns vor wie Präsident Trump nach einer Rede aus dem Fernseher steigt, sein Blick ist auf uns fixiert, so als würde er uns gleich auffressen wollen. Als nächstes folgt Indonesien. Hier tue ich mir schwer, da ich über Indonesien so sehr wenig weiß, eigentlich eine Schande, wenn man sich vorstellt, dass es das Land mit der vierthöchsten Bevölkerungsdichte ist. Was also nun tun? Wörter zu denen wir gar keinen Bezug haben, zerlegen wir einfach in seine Silben und machen aus den einzelnen Silben Bilder; Indo-nesien. Ich stelle mir wieder einen Inder vor (Indo-), doch dieser Inder hat eine sehr sehr große Nase (-nesien) die er zwischen die zwei Polster am Sofa steckt → Indo-nesien. Am Teppich tanzt eine brasilianische Karnevaltänzerin in bunte Farben gekleidet und am Tisch weht eine Pakistanfahne. Ja auch das ist okay. Manch einer mag sich jetzt fragen warum man sich dann generell nicht überall Fahnen vorstellt? Das Problem ist hier die Verwechslungsgefahr, unser Gehirn bringt gerne Dinge durcheinander die sich sehr ähnlich sind. Noch dazu sind Fahnen nicht gerade sehr einprägsan, denn sie können nichts anderes tun als zu wehen oder zu verbrennen, recht actiongeladen können Fahnen also nicht sein. Als letztes Land haben wir Nigeria. Wir stellen uns einen Afrikaner in traditionellem Outfit vor. Wie aber schaffen wir es, nun mit unserem Bild sicher auf Nigeria und nicht z.B. auf Zimbabwe zu kommen? Wir geben unserem afrikanischen Freund in Gedanken einen roten Stift in die Hand und lassen ihn ein N auf den Spiegel malen, das ist unser Trigger für N… Nigeria. Ja, auch das geht. Aber Achtung: Nur einzelne Buchstaben, ganze Wörter sind für unser Vorstellungsvermögen zu komplex und auch hier gilt wie bei der Fahne das Prinzip, es muss actiongeladen oder eben abgefahren sein und ein Afrikaner der auf den Spiegel kritzelt ist schon etwas abgefahren.

Wir gehen in Gedanken durch den Gedächtnispalast. Gehe die Bilder an ihren Orten noch einmal kurz durch. Stelle sie dir lebendig und mit mehreren Sinnen vor. Du kannst auch oben bei der Länderliste noch einmal nachsehen oder Merkbilder finden die für besser passen. Mach das jetzt gleich noch einmal. Gemacht? Gut.

Der Check: Hast du es dir gemerkt?

Kannst du die Länder der Reihe nach nennen? Machen wir ein Experiment. Nenne die Länder von hinten nach vorne. Gehe jetzt in Gedanken in deinen Gedächtnispalast.

Das war doch nicht schwer, oder? Der Gedächtnispalast ist deine Superstruktur, mit ihm kannst du dir alles merken, von vorne nach hinten und von hinten nach vorne. Wenn du dir deinen Palast richtig einteilst kannst du sogar von Stoffgebiet zu Stoffgebiet in Gedanken springen, vor und zurück. Die Möglichkeiten sind hier schier endlos.

Weltrekordhalter verwenden ihn, den Gedächtnispalast, auch du kannst das

Ja, die Möglichkeiten sind mit dem Gedächtnispalast wirklich schier endlos. Johannes Mallow mehrfacher Gedächtnismeister und 2012 Gedächtnisweltmeister merkte sich in nur 5 Minuten 132 fiktive geschichtliche Ereignisse und deren Jahreszahlen. Stell dir nur vor was da für uns möglich wäre? Unser Ziel ist wahrscheinlich nicht so schnell wie Johannes Mallow zu werden, aber selbst wenn wir uns in der dreifachen Zeit, also in 15 Minuten 132 geschichtliche Fakten mit Jahreszahlen merken könnten wäre das schon eine gewaltige Leistung! Noch dazu fördert die Methode die Kreativität und macht deswegen aus dem staubtrockenen Lernen langweiliger Bücher eine Lernerfahrung die Spaß macht! Mit etwas Übung ist das auch für dich ganz einfach möglich.
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